© SC Paderborn 07

© SC Paderborn 07
Anfang des Jahres 2024 verlässt Aaron Zehnter den FC Augsburg, um sich Zweitligist SC Paderborn anzuschließen. Im Interview mit den ‚zirbelnews‘ erklärt der Youngster die Beweggründe, blickt auf die Zeit beim FCA zurück und bewertet seine aktuelle Situation.

Servus Aaron! Zum Zeitpunkt dieses Interviews (2. Dezember), das kann man ja durchaus so sagen, spreche ich mit einem Tabellenführer (inzwischen drei Punkte Rückstand auf Platz 1). Ihr habt einen sehr guten Auftakt hingelegt – Paderborns bester Start nach den ersten 14 Spieltagen seit dem Aufstieg 2017/18. Wie blickst du auf den Saisonstart zurück?

Wir haben im Sommer einige junge Spieler dazu bekommen, die in der Vorbereitung bereits ihre Qualitäten gezeigt haben. Wir hatten eine gute Vorbereitung, haben kein Testspiel verloren und uns auch spielerisch gut präsentiert. 

Und der Start in die Pflichtspiel-Saison hat ja auch gut begonnen …

Genau. Die Spiele bei Hertha BSC und gegen den SV Darmstadt 98 waren direkt zwei Gradmesser. Wir haben spielerisch sehr starke Leistungen gezeigt und dabei schon gemerkt: ‚Okay, du holst jetzt aus zwei Spielen sechs Punkte – vielleicht kann da wirklich was gehen.‘

Im Anschluss habt ihr jedoch dreimal in Folge „nur“ remis gegen Teams gespielt, die mittlerweile eher in der unteren Tabellenhälfte angesiedelt sind. Fand deshalb vielleicht ein Umdenken im Team statt?

In dieser Liga kann gefühlt jeder jeden schlagen. Nichtsdestotrotz haben wir uns anfangs gegen Teams schwergetan, die tiefer stehen. Da hatten wir noch nicht so viele Lösungen und die letzten Aktionen nicht optimal ausgespielt. Uns war gerade nach diesen Spielen klar, dass wir unsere Chancen besser nutzen müssen.

Erst kürzlich habt ihr mit Elversberg dann auch wieder einen direkten Konkurrenten besiegen können – und das trotz zwischenzeitlichen Rückstandes …

Irgendwie liegt es uns, wenn wir in Rückstand geraten. Wir hatten jetzt schon einige Spiele, die wir gedreht haben. Das zeigt auch den Charakter der Mannschaft. Wir haben viele Typen im Team, die nicht direkt den Kopf hängen lassen, wenn es mal nicht so läuft, wie erwartet.

Bei dir persönlich läuft es ja auch sehr gut zurzeit. Du bist inzwischen Stammspieler, hast bislang zwei Tore selbst erzielt und schon einige vorbereitet. Wie blickst du auf dein erstes Jahr beim SCP zurück?

Ich habe aktuell knapp 30 Spiele in der 2. Liga gemacht – das ist schon ordentlich, aber da ist natürlich noch Luft nach oben. Zu Beginn habe ich kaum glauben können, dass ich direkt so viel Spielzeit bekommen habe. 

100-prozentig perfekt lief es zu Beginn allerdings nicht direkt, oder?

Mein erster Startelf-Einsatz war Ende Januar in Osnabrück, da wurde ich nach einer halben Stunde ausgewechselt. Ich war nicht so gut im Spiel, wir haben eine Rote Karte bekommen und der VfL war dementsprechend am Drücker. Das war für mich als erstes Startelf-Spiel ein bisschen ungünstig. Aber vielleicht war es zu dem Zeitpunkt auch gar nicht so verkehrt, denn daraus lernt man eben auch, weil es schließlich nicht immer nur nach oben gehen kann. Der Treffer auf Schalke bei meinem zweiten Startelf-Einsatz im März war der Knackpunkt, von da an habe ich auch in jedem Spiel gestartet (zwei Partien verletzt verpasst).

Eine „Perspektive“, wie deine „individuelle Förderung und weitere Entwicklung“ aussehen könnte, hat dir der FCA laut eigener Aussage vor deinem Abgang auch aufgezeigt. Wieso hast du dich letztendlich für den festen Schritt in die 2. Liga entschieden?

Paderborn wollte mich schon für die Rückrunde haben. Da kam eine Leihe nicht mehr in Frage, weil ich in Augsburg nur noch Vertrag bis Sommer 2024 hatte. Wenn ich beim FCA geblieben wäre, hätte ich mich vielleicht ein Jahr verleihen lassen. Aber ich habe die Möglichkeit gesehen, direkt diesen Schritt zu machen, und außerdem nicht den Charakter, jedes Jahr bei einem anderen Verein spielen zu wollen. 

Ich habe gemerkt, dass der Schritt in die Bundesliga einfach noch zu groß ist
Aaron Zehnter über den großen Sprung in die Bundesliga

Du hast also nach Kontinuität und Stabilität gestrebt?

Ich benötige normalerweise ein bisschen Zeit, um mich neuen Gegebenheiten – Wohnung, Stadt, Mitspieler – anzupassen. Gerade in jungen Jahren ist es wichtig, einen festen Standpunkt zu haben und sich wohlzufühlen. Auch in Augsburg habe ich mich wohl gefühlt. Ich habe dort fünf Jahre lang gespielt, deswegen war es schon wie ein zweites Zuhause. Aber ich habe gemerkt, dass der Schritt in die Bundesliga einfach noch zu groß ist – auch mit der starken Konkurrenz. Es war auch nicht so, dass ich prinzipiell keine Lust auf den Konkurrenzkampf hatte. Aber ich hatte durch das Angebot des SCP die Option, direkt ab Winter in der 2. Liga zu spielen.

Wie viel Zeit hast du im Anschluss benötigt, um dich an das Niveau in der 2. Liga anzupassen?

Ich habe ja die Trainingseinheiten beim FCA immer mit der ersten Mannschaft mitgemacht, da war natürlich auch schon richtig Feuer drin. Manchmal habe ich gar nicht gewusst, wo der Ball war. Aber ich habe aus diesen zwei Jahren, in denen ich bei den Profis mittrainiert habe, viel mitgenommen.

Du hast gemeint, dass Eingewöhnungsphasen immer so eine Sache bei dir sind. Wie lief das denn 2019 ab, als du im Alter von 14 Jahren aus Würzburg nach Augsburg gewechselt bist?

Ich hatte das Angebot vom FCA und war zweimal zum Probetraining in Augsburg. Danach wurde mir mitgeteilt, dass man mich gerne verpflichten würde. Der FCA hatte damals noch kein Internat. Also bin ich in eine Wohngemeinschaft gezogen und musste erstmal damit klarkommen, haushaltliche Pflichten wie z.B. Wäschewaschen selbst zu übernehmen. Dass ich mir mit Bene Schwarzensteiner, der mittlerweile bei Hankofen in der Regionalliga spielt, eine Wohnung geteilt habe, hat mir geholfen. Ganz alleine wäre es schon schwer geworden.

Und auch aus fußballerischer Perspektive hat der Wechsel in den FCA-Nachwuchs vermutlich Sinn ergeben …

Mein Ziel war es natürlich, den nächsten Schritt zu gehen. Bei Würzburg war es einfach so, dass man keine so große Perspektive gehabt hat, wenn es weiter nach oben gehen sollte. Deswegen war das schon eine echt gute Entscheidung.

Wir machen nochmal einen kleinen Zeitsprung, diesmal allerdings nicht in die Vergangenheit, sondern ein Stück weit Richtung Gegenwart. Weißt du zufällig, was du am 21. Juli 2022 gemacht hast?

(Überlegt einige Sekunden) War das mein DFB-Pokal-Debüt?

Ja, korrekt! So einen Tag vergisst man einfach nicht, oder? Auch wenn du zumindest kurz überlegen musstest (lacht).

Ich musste kurz überlegen – der Profivertrag konnte es nicht gewesen sein, denn der war im Mai. Aber ja, das war mein Debüt auswärts bei Blau-Weiß Lohne. Das vergisst man auf jeden Fall nicht, wenn man seinen ersten Profi-Einsatz macht, wovon man schon als Kind geträumt hat. Und auch wenn es dann nur drei Minuten waren: Die genießt du einfach. Man muss dann erstmal ein paar Tage schlafen, um das zu begreifen und zu verarbeiten.

Ein paar Monate später folgte dann dein Bundesliga-Debüt gegen Leverkusen. War das vom Gefühl her nochmal eine Steigerung, eben weil es die Bundesliga ist?

Ja, auf jeden Fall. Es war ja auch so, dass wir im Pokal auswärts gespielt haben und mein Bundesliga-Debüt in Augsburg war. Beim Leverkusen-Spiel war auch die Vorgeschichte ein bisschen anders, denn der Plan war eigentlich, dass ich bei der U19 spiele. Über Nacht ist allerdings David Colina krank geworden und mir wurde vom U19-Trainer – kurz bevor die U19 nach Darmstadt losgefahren ist – mitgeteilt, dass ich bei den Profis gebraucht werde. Ich bin dann schnell ins Hotel mitgefahren und natürlich nicht davon ausgegangen, dass ich meinen ersten Einsatz machen werde.

Ich habe erstmal gar nicht realisiert, dass ich eingewechselt werde
Aaron Zehnter über sein Bundesliga-Debüt gegen Leverkusen

Aber genau so kam es schließlich …

Wir haben bis zu meiner Einwechslung in der 89. Minute 1:0 geführt. Kurz vor Schluss wurden wir Ersatzspieler zur Trainerbank zurückgerufen und ich habe gedacht, dass keiner mehr eingewechselt wird. Als ich mich gerade hinsetzen wollte, habe ich plötzlich meinen Namen gehört und dachte nur: ‚Was ist denn jetzt los?‘ Ich habe erstmal gar nicht realisiert, dass ich eingewechselt werde, sondern dachte, dass ich vielleicht irgendwas aus der Kabine holen muss. Und dann hieß es auf einmal, dass ich eingewechselt werde und mein Trikot anziehen soll …

Das müssen wilde Sekunden für dich gewesen sein …

Ab dem Moment habe ich eigentlich gar nichts mehr gecheckt, weil ich wie in einem Tunnel war. Man realisiert das alles gar nicht. 

Und in den wenigen Minuten nach deiner Einwechslung wurdest du direkt richtig gefordert, wenn ich mich richtig erinnere, oder?

Ich habe auf der Seite mit Jeremie Frimpong und Moussa Diaby verteidigt, da hatte ich dann schon sehr ****flattern, muss ich sagen. Es gab eine Aktion, da ist Frimpong in den Sechzehner gelaufen und ich bin währenddessen ausgerutscht. Da dachte ich mir: ‚Wenn jetzt ein Tor fällt, dann laufe ich hier aus dem Stadion raus.‘
Zum Glück ist nichts passiert und wir haben das Spiel gewonnen. Das war schon unbeschreiblich – auch danach von den Fans gefeiert zu werden, nachdem man selbst auf dem Platz gestanden hat. Ich habe im Nachhinein auch ein Video von der Einwechslung bekommen und mir das bis jetzt, glaube ich, 1.000 Mal angeschaut.

So viel zu deinem ersten Profi-Einsatz in der WWK-Arena. Dein erstes Pflichtspiel in ebenjenem Stadion hast du bereits im Mai 2022 gemacht, als ihr mit der U19 in der Endrunde der A-Junioren-Bundesliga standet. Hast du mit bestimmten Mitspielern von damals denn noch Kontakt? 

Natürlich schreibt man sich nicht jeden Tag. Aber dadurch, dass wir uns gelegentlich bei der Nationalmannschaft sehen, sind Mert Kömür und Dzenan Pejcinovic (jetzt Düsseldorf) schon diejenigen, mit denen ich am meisten Kontakt habe. Auch mit Marcel Lubik, der aktuell von Augsburg nach Polen verliehen ist, stehe ich regelmäßig in Kontakt.

Apropos Kontakt halten: Du bist ja nicht nur Follower der ‚zirbelnews‘, sondern auch ziemlich aktiv und likest viele meiner Beiträge. Wie bist du mit dem FCA aus der Ferne denn generell noch verbunden?

Abgesehen von ein paar Spielern, die aktuell beim FCA spielen, hatte ich noch länger Kontakt mit Felix Uduokhai, aber der ist dann ja zu Besiktas Istanbul gewechselt.  Er hat mich früher oft zum Training mitgenommen, als ich noch keinen Führerschein hatte. Ansonsten weiß ich natürlich, wenn Augsburg spielt, und schaue die Spiele auch gerne an, wenn sie sich nicht mit denen vom SCP überschneiden.

Ich hatte dort eine echt gute Zeit
Aaron Zehnter über seine Zeit in Augsburg

Das ist schön zu hören! Zum Abschluss muss ich jetzt selbstverständlich noch die goldene Frage stellen: Könntest du dir prinzipiell vorstellen, irgendwann in der Zukunft nochmal für den FCA aufzulaufen?

Im Fußball kann man ja eigentlich nichts ausschließen – und das würde ich auf jeden Fall auch nicht. Ich hatte dort eine echt gute Zeit. Ich habe dort meine Anfangsphase im Profibereich gemacht, deswegen ist Augsburg immer im Herzen.

Und vielleicht sieht man dich ja auch schon nächste Saison wieder in der WWK-Arena, sollte es mit Paderborn weiter so gut laufen. Gibt es inzwischen Aufstiegsambitionen bei dir bzw. der Mannschaft?

Die Frage wird jetzt natürlich immer öfter gestellt, dadurch dass jetzt mittlerweile auch schon 14 Spiele (zum Zeitpunkt des Interviews) absolviert sind. Als Mannschaft denken wir aber eigentlich gar nicht daran, wie es um die Aufstiegschancen steht. Die Saison ist schließlich lang und es gibt viele Teams in der Liga – z.B. Hamburg, Hertha BSC oder Köln – deren Möglichkeiten deutlich größer sind. Zu einem so frühen Zeitpunkt über größere Ziele zu reden, wäre schon weit hergeholt. Aber natürlich hat man als Fußballer generell das Ziel bzw. den Traum, irgendwann mal aufzusteigen.

Dann sind wir auch schon am Ende angekommen und ich muss mich nochmals dafür bedanken, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Und wer weiß, vielleicht hören wir uns am 28. oder 30. Spieltag ja wieder …

Sehr gerne! Danke für das Gespräch und viel Erfolg dir und dem FCA.

Stichwortsuche

Gib einfach ein, wonach du suchst